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Wilhelm Hasenclever (1837–1889)

Sonntag, den 7. Juli 1889: Die Felder hinter dem Friedhof der Freireligiösen Gemeinde an der Pappelallee im Norden Berlins waren von Menschen übersät. Die umschließende Mauer ist nicht zu sehen, dicht an dicht riegelt berittene Polizei den Ort des Geschehens ab. Grund der vormittäglichen Volksversammlung bei strahlendem Sonnenschein ist die Beisetzung von Wilhelm Hasenclever, dem bekannten Reichstagsabgeordneten und langjährigen Präsidenten des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV). Der Pionier der Lassalleaner und der deutschen Sozialdemokratie war am 1. Juli draußen vor der Stadt, im Maison de Sante zu Schöneberg entschlafen.
Ein gutes Jahr später, am 24. August 1890, enthüllten Genossen auf seinem Grab vor 15.000 Besuchern eine aus rotem Sandstein gehauene Säule. Die Inschrift des Sockels lautet:
„Dem alten Kämpfer für Wahrheit, Freiheit und Recht”.


Wilhelm Hasenclevers kam als Sohn des gut situierten und streng protestantischen Lohgerbers Johann Christoph Hasenclever und seiner Frau Helene am 19. April 1837 im katholischen Arnsberg (Sauerland) zur Welt.
Nach Gymnasium bis zur Obersekunda, Gerberlehre und Gesellenjahren im väterlichen Betrieb folgte der preußische Militärdienst.
1862/63 kam Hasenclever mit den Schriften Ferdinand Lassalles in Berührung und trat 1864 in den ADAV ein. Keine achtzehn Monate später war er Sekretär und Pressereferent des Vereins. 1869 schickte der Wahlkreis Duisburg-Mülheim Hasenclever in den Reichstag des Norddeutschen Bundes nach Berlin.
Gemeinsam mit Wilhelm Hasselmann (1844–1916) gab Hasenclever die Zeitung Neuer Social-Demokrat heraus. 1876 übernahm er mit Wilhelm Liebknecht die Redaktion des Vorwärts in Leipzig, und 1877 zog er zum dritten Mal als Abgeordneter in den Reichstag ein, nun für den Berliner Wahlkreis VI
(Wedding, Oranienburger und Rosenthaler Vorstadt sowie Moabit).

Die Attentate auf Kaiser Wilhelm I. (1797–1888) brachten 1878 Bismarck (1815–1898) endlich die Gelegenheit, sich mit dem Sozialistengesetz an den „Reichsfeinden” zu rächen. In Hamburg, Berlin und Leipzig herrschte der „Kleine Belagerungszustand”. Ohne Arbeit, ohne die Möglichkeit, Geld verdienen zu können, gibt es für den Arbeiterstand wenig Bildung, wenig Wissen. Die Folge davon war: „Der Magen beherrscht den Kopf”. Deshalb „müssen wir auch zuerst für ihn (den Magen) sorgen” so Hasenclever in der Gründungsversammlung des ADAV in Hagen im Sommer 1865. Sieben Jahre später formulierte Wilhelm Liebknecht in einem Vortrag: „Wissen ist Macht – Macht ist Wissen!” (...) Im Frühjahr 1888 erkrankt Hasenclever. Er starb am 5. Juli 1889.
nach einem Text von Konrad Beck